Am 20.Februar erscheint im Westend Verlag das von taz-Chefredakteurin Ines Pohl herausgegebene Buch „50 Vorschläge zur Veränderung der Gesellschaft“, für das ich zusammen mit Mathias Bröckers und Jürgen Gottschlich die Redaktion gemacht habe. Hier ein Auszug aus einem meiner darin veröffentlichten Beiträge:
„Wo Frauen das Sagen haben, geht es auch den Männern besser“, behaupten zunehmend auch Männer. Zum Beispiel Ricardo Coler, ein argentischer Reporter. Bei der chinesischen Minderheit der Mosuo gebe es weder Ehen noch Kleinfamilien und Gewalt, dafür viele Freiheiten für Frauen und Männer, berichtet er in seinem Buch „Das Paradies ist weiblich“. Maos Kommunisten hatten die Musuo-Männer vom Leben in der mutterzentrierten Großfamilie abbringen wollen – sie weigerten sich.
Ähnlich sah es bei den Semai aus, die bis in die 1980er Jahren unberührt im tiefsten Dschungel von Malaysia lebten. Ethnologen berichteten, die Semai seien das friedlichste Völkchen der Erde, sie kennten keinen Statusunterschied zwischen Frauen und Männern, keine Aggression oder sexuelle Gewalt, auch keinen Staat, kein Privateigentum, keine Hierarchien. Ehen würden auf Zeit geschlossen, außereheliche Beziehungen sähen die Semai als „ein Ausleihen“. Konflikte würden in langen Palavern gelöst. Die Semai sagten über dieses Verfahren: „Es gibt mehr Gründe, einen Disput zu fürchten als einen Tiger.“
Von insgesamt 25 friedfertigen Gesellschaften, die die US-Friedensforscherin Elise Boulding auf www.peacefulsocieties.orgvorstellt, sind 19 geschlechteregalitär: Der Status von Frauen und Männern unterscheidet sich nicht. Es existiert offenbar ein enger Zusammenhang zwischen Statusgleichheit und Friedensfähigkeit. (…)
Statusunterschiede können umgekehrt leicht zu innerer und äußerer Gewalt führen, das weiß man auch von der Unterdrückung ethnischer oder religiöser Minderheiten. Der Geschlechterstatus aber ist ein strategisches Schlüsselelement, weil die konkrete Erfahrung von Gleichheit oder Ungleichheit oder gar Gewalt zwischen Eltern schon bei kleinen Kindern die Spur bahnt, ob sie in ihrem späteren Leben egalitär-gelassen oder autoritär-aggressiv mit allen „Anderen“ umgehen.
Marx hat mit einem schönen Spruch das ganze Elend des Geschlechterkampfs auf den Punkt gebracht – nein, nicht Karl, sondern Groucho Marx. Der Komiker sagte zu einer Dame, die sich seinem Sitzmöbel näherte: „Madam, ich würde ja meinen Sitz für Sie aufgeben, wäre da nicht die Tatsache, dass ich selbst darin sitzen würde!“ Männer wollen Machtpositionen nicht gern abgeben, obwohl es ihnen selbst nützen würde.