Anlässlich des 100. Geburtstages meines journalistischen Vorbildes Robert Jungk wurde ich gebeten, einen Beitrag für ein Buch über den Träger des Alternativen Nobelpreises zu schreiben. Das tat ich gerne, weil er mir beigebracht hat, „ermutigenden Journalismus“ zu betreiben. In diesem Sinne habe ich auch gegenüber dem Journalistenportal Newsroom argumentiert, als es mich zu einer der „500 einflussreichsten Medienfrauen“ Deutschlands nominiert hat. Eine der angeblich einflussreichsten – denn schön wäre es, wenn ermutigender Journalismus weiterverbreitet wäre. Ist er aber nicht. Hier einige Sätze aus meinem Text über Robert Jungk:
In den Anfangszeiten der taz, Ende der 1970er bis Anfang der 1980er Jahre, hatte ich immer wieder mit Robert Jungk zu tun. Wir sollten die Berichterstattung über gelungene Projekte und positive Alternativen nicht vergessen, riet er uns in seiner unvergesslich freundlichen und zugewandten Art. Als junge taz-Ökoredakteurin nahm ich mir seinen Rat zu Herzen und versuchte, Berichte über geglückte Alternativen ins Blatt zu heben. Aber es gab Vorbehalte, denn Medien arbeiten nach der Logik „only bad news are good news“. Konservative Zeitungen haben kein Interesse an der Verbreitung positiver Alternativen, linke und alternative Redaktionen fühlen sich der Kritik der Verhältnisse verpflichtet.
Mehr als zwanzig Jahre lang habe ich in der taz Misstände zu geißeln versucht und damit zwangsläufig vorwiegend schlechte Nachrichten formuliert. Ich merkte immer mehr, dass diese sich wie schwarzer Feinstaub auf meiner Seele absetzten, dass sich meine seelische Energie verdüsterte. Was ist mit journalistischer Aufklärung gewonnen, wenn sie das Gegenteil bewirkt? Bestärken wir mit einer Übermacht schlechter Nachrichten nicht genau jene Ohnmachtshaltung, die wir doch überwinden wollen? Stärken wir damit nicht die Falschen, die gegenwärtigen Machthaber?
Zum Glück ist einigen Redaktionen ist das alte Spiel „only bad news are good news“ zu blöde geworden. In den USA entstanden Initiativen des „lösungsorientierte Journalismus“; in Großbritannien, Spanien, Argentinien und anderen Ländern wurden Websites mit „positive news“ gegründet; in Österreich formierte sich die „Mutmacherei“; in Deutschland finden sich in „enorm“ oder „brandeins“ Geschichten über engagierte Sozialunternehmen; in „Futurzwei“, dem Schweizer „Zeitpunkt“ und auf den taz-“Fortschrittsseiten“ schreibe ich selbst Geschichten des Gelingens. Trotzdem – so lautet der Titel von Jungks Autobiografie. Und „trotzdem“ könnte auch das Motto sein für alle, die ermutigenden Journalismus in seiner Tradition fortführen wollen.