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Ute Scheub

Ute Scheub

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Bundesverdienstkreuz für meine afghanische Freundin

13. Oktober 2016 by Ute Scheub

Meine afghanische Freundin Mariam Notten hat am 12. Oktober im Roten Rathaus von Berlin das Bundesverdienstkreuz verliehen bekommen – und ich bin sehr stolz auf sie. Frauensenatorin Dilek Kolat würdigte ihre langjährigen Verdienste um Frauen-, Kinder- und Menschenrechte und bezog sich dabei auf unseren Verein Scheherazade. Hier der Pressetext:

„Mariam Abrahami-Notten erhält die Auszeichnung, weil sie sich seit vielen Jahren für die Gewährleistung von Bildung und Sicherheit für Kinder und Jugendliche sowie die Förderung wirtschaftlicher Eigenständigkeit und beruflicher Perspektiven für Frauen einsetzt. Zu Ihrem Engagement gehört vor allem die konkrete Hilfe durch den Aufbau und die Unterstützung von Projekten und Hilfsorganisationen. Ein Schwerpunkt dieser Arbeit liegt zum Beispiel im afghanischen Kultur- und Kommunikationszentrum Berlin und in der Berliner FrauenfrAKTION. Außerdem hat sie den Unterstützungsverein für afghanische Kriegsopfer „Scheherazade“ mitbegründet, der zum Ziel hat, die Opfer der Kriege in Afghanistan zu unterstützen und ihre Not zu lindern. Der Verein baute ein Waisenhaus und eine Schule in Saradj und unterhält mehrere Projekte zur Selbstversorgung von Frauen und Witwen. Es gibt außerdem ein Frauenbüro für die dortige Frauenorganisation, eine Teppichweberei, eine Schneiderei und eine Bäckerei sowie einen kleinen Kindergarten.

Hier die Pressemitteilung

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Riesige Mehrheit für Naturschutz, Energiewende und Tierwohl

27. April 2016 by Ute Scheub

Nicht immer fördern repräsentative Umfragen Erfreuliches zu Tage. Die vierte bundesweite Befragung der deutschen Bevölkerung zu ihrem Naturbewusstsein aber schon. Laut dieser vom Bundesumweltministerium am 27.April 2016 veröffentlichten Umfrage ist eine riesige Mehrheit der Bevölkerung für Naturschutz in Stadt und Land, für die Energiewende, für regionale Kreislaufwirtschaften, Bioausbau und Tierwohl. Und eine ebenso gigantische Mehrheit wendet sich gegen Pestizide, Kunstdünger und Gentechpflanzen.

Die Ergebnisse im Einzelnen: Für 94 Prozent gehört die Natur zum guten Leben, 90 Prozent geben an, in der Natur „glücklich“ zu sein. 93 Prozent wollen das Tierwohl in der Landwirtschaft berücksichtigt wissen. 85 Prozent befürworten regionale Kreisläufe und 84 den Ausbau der Biolandwirtschaft. 97 Prozent finden öffentliche Parks wichtig, 92 Prozent schätzen Naturräume in der Stadt als Raum für Erholung und Entspannung – vor allem Ältere und finanziell Benachteiligte. Und trotz aller PR-Kampagnen der Gegenseite unterstützen weiterhin 90 Prozent den Ausbau der Erneuerbaren Energien.

91 Prozent glauben, dass Pestizide schaden. 86 Prozent lehnen den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen ab und 79 die Fütterung von Nutztieren mit solchen Pflanzen. 74 Prozent möchten auf den Einsatz von Kunstdünger verzichtet wissen.

Nun gut, viele Menschen sind in Worten progressiver als im Handeln – abzulesen etwa am weiterhin hohen Konsum von Quälfleisch und Billiglebensmitteln. Dennoch, auch wenn man das von den Umfrageergebnissen abzieht, bleiben immer noch etliche Pfunde, mit denen man politisch wuchern kann.

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Blütenstaubwirtschaft

8. Februar 2016 by Ute Scheub

Seit einiger Zeit arbeite ich für den Schweizer Zeitpunkt, ein kleines, feines,meinungsstarkes und unabhängiges Blatt. Wer es abonnieren will, kann so viel bezahlen, wie er oder sie möchte – allein das macht es doch wirklich durch und durch sympathisch.

Die Printausgabe und die Website sind nicht identisch. Wer Genaueres wissen will, sollte den Zeitpunkt bestellen oder abonnieren, zum Beispiel im Schnupperabo. Eins meines Leib- und Magenstückchen steht aber auf der Website und beschäftigt sich mit der sogenannten Blütenstaubwirtschaft. Allein der Titel – ist er nicht schöööööön?

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Regenerative Agrikultur – die Lösung der Klimakrise liegt uns zu Füßen

5. Oktober 2015 by Ute Scheub

Mein Beitrag zur Blogparade Für eine bessere Welt:

„Bringt den Kohlenstoff zurück in die Erde!“ Das ist das Motto der sogenannten regenerativen Agrikultur. Dieser neue Begriff kommt aus den USA, in Europa ist er noch weitgehend unbekannt. Die Grundidee: Beim Aufbau humusreicher Böden kann Kohlenstoff langfristig unterirdisch gebunden werden, also dort, wo er in Form von Fossilenergien und Kohlendioxid in die Atmosphäre ging. Böden sind global gesehen der größte Speicher für CO2, größer noch als Ozeane und Wälder. Theoretisch könnten die weltweiten Agrarflächen jährlich mehr CO2-Emissionen unschädlich machen als weltweit ausgestoßen werden.

Darauf wies auch der Agrarwissenschaftler Timothy LaSalle vor kurzem bei einem Vortrag in Berlin hin. Der Direktor des renommierten Rodale Institutes in Pennsylvania, der nunmehr vor allem in Afrika forscht und arbeitet, hat das Konzept des regenerativen Landbaus maßgeblich mitgeprägt. Es gebe eine Methode für planetarisches „Geo-Engineering“, die billig und überall anwendbar sei, so LaSalle, das sei die Photosynthese. Sie bringe Kohlenstoff in die ausgelaugte Erde zurück, wo er eine zentrale Rolle für Humusbildung und Förderung des Bodenlebens einschließlich Mykorrhizapilzen und Bakterien spiele. Zudem könne man damit die Artenvielfalt erhöhen, gesunde Lebensmittel produzieren, Hunger bekämpfen und die Wasserhaltefähigkeit der Böden verbessern.

Regenerative Landwirtschaft sei mehr als „Bio“, führte er weiter aus. Pflugloser Anbau, Mulchen mit Zwischenfrüchten, Kompostwirtschaft, Misch- statt Monokulturen, all das gehört dazu. Und vor allem auch eine kluge Bewirtschaftung von Weidegründen, in die stickstoffbindende Leguminosen, Phacelea oder Sonnenblumen eingesät werden. Denn Gräser könnten mit ihrem gewaltigen unterirdischen Wurzelwerk gigantische Mengen Kohlenstoff bis zu vier Meter hinab in die Erde bringen.

Pioniere wie die Soil Carbon Cowboys probieren die neuen Methoden in den USA derzeit mit großem Erfolg aus und schwärmen in einem Film auf Vimeo, dass ihre Böden, Tiere und Pflanzen damit gesünder werden und sie selbst jede Menge Zeit und Geld sparen.

In einem White Paper führt Jack Wittrege die Potenziale der regenerativen Landwirtschaft in allgemeinverständlicher Form aus. Titel: Soil Carbon Restoration: Can Biology do the Job? Jeder und jede kann dabei mitmachen und eigenhändig Böden wiederaufbauen, unter anderem mit pflanzenkohlebehandelten Küchenabfällen und der Terra-Preta-Technik.

Ronnie Cummins vom US-Verband Organic Consumers Association schwärmte denn auch jüngst in einem Artikel für die Online-Zeitung Truthout von der „Regenerativen Revolution“, weil sie die Boden-, Nahrungs- und Gesundheitskrise gleichzeitig lösen könne. Wenn man das globale Ziel anstrebe, die Erderwärmung unter zwei Grad plus halten zu wollen, dann müsse man jährlich global mindestens 0,4 Prozent des atmosphärischen Kohlenstoffes in die Erde zurückbringen. Und das sei auf diesem Wege erreichbar, zumal man damit „Hunderte von Millionen ländlicher (und urbaner) Jobs“ schaffen könne.

Dafür sei es nötig, eine weltweite Koalition von Nahrungs-, Wald- und Klimabewegungen zusammenzubringen, eine „massive Graswurzelarmee von Erd-Regenerierenden: drei Milliarden Kleinbauern und Dorfbewohnerinnen, Rancher, Hirten, Waldbewohnerinnen, Stadtgärtner und indigene Gemeinden – assistiert von mehreren Milliarden bewussten Konsumenten und urbanen Aktivistinnen.“ Auch der Papst mit seiner Umwelt-Enzyklika „Laudato Si“ wird sich hier sicherlich gern einreihen.

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Deutsche Austerität in Griechenland: Nicht in unserem Namen

15. Juli 2015 by Ute Scheub

Oder: Machen Sie Urlaub in Griechenland, Frau Merkel!

Folgender Offener Brief an die Bundesregierung haben die Teilnehmenden der internationalen GEN+20-Konferenz geschrieben, das ist das Global Ecovillage Network, das über 10.000 Dörfer und Gemeinschaften aller Kontinente verbindet. In Deutschland besteht es aus einem wachsenden Netzwerk an Ökodörfern, Gemeinschaften und Transition Town mit Wissen und Expertise für die Regeneration zerstörter Landschaften, Gemeinschaftsaufbau auf allen Ebenen, soziales Unternehmertum, dezentrale Versorgung mit Energie, Wasser und Lebensmitteln, gesunde Wasserkreisläufe, regionale Wirtschaftskreisläufe. Der Brief gefällt mir so gut, dass ich ihn hier nochmals veröffentliche:

Sehr geehrte Frau Merkel, (…) wir möchten hiermit deutlich sagen:

– Sie handeln nicht in unserem Namen, wenn Sie von Hilfsmaßnahmen für Griechenland und Südeuropa sprechen, wo es doch um eine lukrative und hochverzinste Kreditvergabe geht, deren Last die Ärmsten der Armen tragen: die Rentner, die arbeitslosen Jugendlichen, die Kranken in den Krankenhäusern, die kaum noch versorgt werden können.

– Sie handeln nicht in unserem Namen, wenn Sie den Ländern Südeuropas ein Wirtschaftsmodell aufzwingen wollen, das sie abhängig von den reichen Ländern macht und ihre Solidarität und Würde, die Natur und die regionalen Wirtschaftskreisläufe zerstört.

– Sie handeln nicht in unserem Namen, wenn Sie die Rückzahlung der Nazi Zwangskredite und die Forderungen nach Reparationszahlungen Deutschlands an Griechenland für die Massaker des Zweiten Weltkriegs kategorisch ablehnen. Mit welchem Recht? Wissen Sie, wie grausam die Wehrmacht dort vorging?

– Sie handeln nicht in unserem Namen, wenn Sie einen Schuldenschnitt Griechenlands ablehnen. Haben Sie vergessen, dass Griechenland unter den Staaten war, die 1953 Deutschland großzügig 60% seiner Schulden erlassen haben und es trotz seiner großen Schuld großzügig in die Arme der Staatengemeinschaft aufnahmen? Ist es nicht an der Zeit, ähnlich solidarisch zu sein?

– Sie handeln nicht in unserem Namen, wenn Sie die Griechen für ihren Hilferuf und ihr demokratisches Nein gegenüber Ihrer Schuldenpolitik mit noch strengeren Bedingungen bestrafen.

Sie zerstören mit Ihrer Strenge und Unerbittlichkeit innerhalb der Europäischen Gemeinschaft nicht nur den guten Ruf, den wir als Deutsche in der Nachhaltigkeitsbewegung haben. Sie zerstören auch die europäischen Werte von Demokratie und gegenseitiger Hilfe.

Sie könnten aber sehr wohl in unserem Namen handeln.

– Setzen Sie sich für einen Schuldenschnitt mit den Ländern Südeuropas ein.

– Zeigen Sie Offenheit für die Bereitschaft der Deutschen, ihre finanzielle Schuld aus dem 2. Weltkrieg jetzt, wo Griechenland es, braucht, zu bereinigen und die menschliche Schuld wenigstens teilweise abzutragen. Mit einem Kniefall in Athen würden Sie wirklich in die Geschichte eingehen.

– Setzen Sie auf die Zukunft! Unterstützen Sie Modellprojekte, z.B. die entstehenden Ökodörfer in Griechenland, die als Ausbildungsorte Menschen zeigen, wie sie regionale Energie-, Wasser- und Lebensmittelautonomien aufbauen und eine nachhaltige Wirtschaft schaffen können unabhängig vom Euro werden können.

– Setzen Sie ein Zeichen: Machen Sie Urlaub in Griechenland.

Kategorie: Blog

Neue Wörter braucht das Land

1. Januar 2015 by Ute Scheub

 Degrowth. Postwachstum. Transformation. Nachhaltigkeit. Share & Collaborative Economy. Open Source. Coworking Spaces. Transition Towns. Commons-basierte Peer-to-Peer-Produktion. Was empfinden Sie, wenn Sie diese Wörter lesen? Selbst auf mich, die ich ein Fan der damit verbundenen sozialen Bewegungen bin, wirken die Begriffe wenigsagend, insiderhaft, ausschließend. Dass diese Bewegungen bislang nicht aus der Nische herausgewachsen sind, liegt auch an den hölzernen Begriffen. Nein, nicht, weil das englische oder denglische Wörter sind. Ein bisschen Englisch können wir ja alle, und treffende Lehnwörter bürgern sich schnell ein. Sondern, weil sie zu abstrakt sind. Sie sind kaum emotional besetzt und können deshalb keine positiven inneren Bilder erzeugen. Wenn Neulinge sie hören, verspüren sie wahrscheinlich keinerlei Resonanz, keinen Nachhall, kein Wärmegefühl.

 Sprache erzeugt Wirklichkeit. Begriffe prägen das Bewusstsein. Stimmige Wörter lassen ganz neue Welten in uns entstehen. Neue soziale Bewegungen können nur dann wirkmächtig werden, wenn die Menschen sich über Schlüsselwörter und gemeinsame Losungen miteinander verbinden, in einem gemeinsamen Wärmestrom, wie Ernst Bloch sagen würde. Also ist es strategisch entscheidend, Wörter zu erfinden oder neu zu besetzen. Politiker und Medienleute erwähnen alte Begriffe so lange in den gewünschten negativen oder positiven Kontexten, bis sie eine andere Färbung angenommen haben. Neger oder Asylant waren ursprünglich neutral, heute sind sie extrem abwertend. Bei Schwulen verlief der Prozess umgekehrt: Ursprünglich ein diskriminierender Begriff, ist er durch beständigen Bezug auf Menschenrechte und Selbstbestimmungsrechte heute geradezu wohlklingend geworden.

 Wir können als Menschen nur deshalb sprechen, weil unser Kehlkopf entsprechend gebaut ist und unsere Organe einen Resonanzkörper für die Stimme bilden. Sprache wird also sprichwörtlich von uns verkörpert. Deshalb sollten gute Begriffe einen geringen Abstraktionsgrad und einen hohen Verkörperungsgrad haben. Sprache muss atmen, muss sprichwörtlich stimmig sein, sollte Starres und Flüssiges zusammenbringen.

 Das war auch der Tenor in einem höchst lebendigen und kreativen Workshop, den wir auf der Degrowth-Konferenz in Leipzig zum Thema „Neue Wörter braucht das Land“ abgehalten haben. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Ein durchschlagendes Wort haben wir weder für Degrowth noch für Commons gefunden. Aber viele gute Ansätze und interessante Wortschöpfungen.

Im Englischen ist Degrowth ja durchaus stimmig, aber er lässt sich einfach nicht gut übersetzen. Postwachstum klingt viel zu sehr nach Brief- und Paketbergen im Postamt. Wachstumsrücknahme oder Schrumpfen empfinden zu viele Menschen als negativ, gar als Bedrohung. Die Comicfiguren der Schrümpfe, die die Oya-Redaktion nach Leipzig mitbrachte, sind witzig und sympathisch, doch dass weniger mehr sein kann, diese Erfahrung haben bisher zu wenige Menschen gemacht. Aber was dann? Mit die beste Übersetzung ist Entwachsen, denn darin steckt die positive Erfahrung, dass man als menschlich-biologischer Organismus irgendwann erwachsen und pubertärer Anwandlung entwachsen ist, zumindest mehr oder weniger.

Später las ich in einem Aufsatz von Josef Senft das schöne Wort Ausgewachsen. Ins Lateinische übersetzt könnte die Postwachstums-Epoche Adultum genannt werden. Senfts Begründung: „Von einem Erwachsenen (englisch: adult) erwartet man Zuwachs an Mündigkeit und Übernahme von Verantwortung für sich und andere.“ Dazu zitiert er Jakob von Uexküll, den Begründer des Weltzukunftrates und Alternativen Nobelpreises, der der Meinung ist, „dass die globale Konsumkultur einer gemeinschaftlichen Bürgerkultur weichen wird; nicht weil es jemand vorschreiben würde, sondern weil es dazu keine Alternative gibt außer Chaos, Kriege und den Zusammenbruch unserer Gesellschaften.“ Gefällt mir sehr! Und solange sich die Epoche des Adultum noch nicht verwirklicht hat, könnten wir Degrowth in Ausgewachsenheit oder ausgewachsene Wirtschaft übersetzen.

Commons ist ein weiteres sperriges Wort. Im Deutschen wird es mit Allmende oder Gemeingüter übersetzt, aber die Commons-Vordenkerin Silke Helfrich war damit nicht nur in unserer Leipziger Wörterbastelwerkstatt unzufrieden: Allmende erinnert zu sehr an die mittelalterliche Gemeindewiese, und das Wort Gut suggeriert ein statisches materielles Ding. Dabei gibt es doch unzählige immaterielle Commons, angefangen von der Sprache selbst über Landschaft und Luft, Wissen und Kultur bis zur freien Software von heute. Zudem ist das Allerwichtigste an den Commons das Commoning, die Verständigung unter allen Beteiligten, wie eine gemeinsame Ressource zu nutzen und gleichzeitig zu schützen sei. Hmh. Sind Gemeinwertwachstum, Gemeintum und Wir-schafft bessere Begriffe für die Commons? Und was könnte das passende Verb für Commoning sein? Gemeinschaffen? Klingt zu sehr nach gemein, fanden manche. Dann besser vergemeinschaffen oder vergemeinschaften. Oder gemeintun. Oder vergemeinen. Oder auch pflegnutzen. Begriffe, die etwas zum Klingen bringen, oder?

Wenn ein Wort sehr vielen gefällt, dann ist – um eine weitere wunderschöne Wortschöpfung aus Leipzig zu erwähnen – Gemeinstimmigkeit erreicht. Gemeinstimmig – man hört förmlich die Resonanz in vielen Körpern. Gemeinstimmig ist nicht einstimmig, aber mehr als vielstimmig. Es ist eine geheimnisvoll zustande kommende Übereinkunft vieler Stimmen, ohne dass eine förmliche Abstimmung stattgefunden hat oder stattfinden müsste.

Nachhaltigkeit hingegen ist ein echtes Problemwort. Konzerne und Lobbyisten haben es so nachhaltig grüngewaschen und totgetrocknet, dass es nach nichts mehr klingt. Zumal es im usprünglichen Sinne auch nicht mehr bedeutet als „andauernd“. Nicht zufällig definiert Monsanto auf seiner deutschen Website Nachhaltigkeit kühndreist um in „mehr produzieren“ und satte Profite machen. Man könnte noch hinzufügen: die Umwelt nachhaltig schäden.

Was also könnte das Wort ersetzen? Manche sagen dafür Enkeltauglichkeit, aber gerade mal zwei kommende Generationen einzubeziehen ist auch eher mickrig; indigene Völker wie die Kogi rechnen in Zeitspannen von mindestens zehn Generationen, wenn sie Zukunft planen. Andere ersetzen den Begriff augenzwinkernd durch Nochhältigkeit – noch hält unser Planet. Mir persönlich gefällt Nachhalligkeit sehr gut – hier ist wieder die Resonanz drin, der Nachhall. Nachwüchsigkeit, ein Wort, das mir neulich im Wald einfiel, ist vielleicht noch eindeutiger, nämlich bildhaft dafür, dass alles, was man verbraucht, wieder nachwachsen muss.

Manche möchten inzwischen ganz auf das Wort nachhaltig verzichten und finden regenerativ schöner und ausdruckskräftiger – so auch das Internationale Netzwerk der Ökodörfer (GEN). Wir hatten im Vorfeld von Leipzig darüber eine längere Diskussion. Die Natur bewirkt ja viel mehr als Regeneration, lautete ein Einwand, sie entfaltet sich in immer neuen Arten und immer größerer Komplexität, das ist keine einfache Reneration, sondern eine Entwicklungsspirale nach oben. Könnte man nicht Spiralität sagen? Erinnert zu sehr an Spiritualität, befanden andere. Oder an Spirelli-Nudeln. Wir wurden uns nicht recht einig.

Fortschritt und Entwicklung, da aber waren wir uns in Leipzig einig, sind ebenfalls Problemkandidaten. Erstens, weil Millionen von Menschen und nichtmenschliche Lebewesen im Namen des Fortschritts getötet worden sind und immer noch geopfert werden. Zweitens, weil es ein eurozentristischer Begriff ist, der eine lineare Entwicklung der Menschheitsgeschichte hin zum Besseren behauptet und angeblichen Entwicklungsländern die westliche monetarisierte Wirtschaft als einzig mögliche aufimperialisiert. Was könnte diese Begriffe ersetzen? In der indigenen Denktradition Lateinamerikas ist es das Gute Leben (Buen Vivir), uns gefiel aber auch Entfalterung, Wendelwandel und Wohlseinswachstum.

Und wie können wir die neu entstehende Ökonomie nennen, die nachhaltig ökosozial gewendet ist, nichtmonetäre Pflegearbeit einbezieht und auf Glücks- statt Wachstumsvermehrung setzt? Auch darüber haben wir in der Wortwerkstatt der Degrowth lange gegrübelt, haben Wörter auseinandergeschnippelt und neu zusammengeklebt. Hier einige Vorschläge aus Leipzig und anderswoher: notwendende Wirtschaft (weil sie Not wendet), Ecommony (so Friederike Habermann in Anlehnung an die Commons), Glücksökonomie, Bedarfsökonomie, Ökosozialwirtschaft, Balancewirtschaft, Genugwirtschaft, WELTwirtschaft, Erdwirtschaft, Lebenswirtschaft, Wir-Schaft, Oikonomie. Letztere in Anlehnung an das griechische Wort „oikos“ für Haus; Oikonomia meinte ursprünglich Hauswirtschaft oder Haushaltslenkung ohne jeden monetären Hintergrund.

Für diesen Prozess der Transformation oder Entgelderung sind natürlich auch Ziele notwendig. Oder notwendelig, um auf „Degrowthisch“ zu sprechen. Was gehört dazu? In Leipzig befanden wir: Das gute Leben natürlich, das gelinglichen sollte. Vielfalt und Füllfalt. Die Entfalterung unser aller Potenziale. Die Umdefinition von Wertigkeit in Werdigkeit. Die Anerkennung des menschlichen Giebtriebs, der nicht ausgegeizt werden dürfe.Und das Zusammenwachsen aller sozialer Bewegungen zur Allwende.

Welche Bewegungen sind das? Die Transition Towns könnten wir Wandelstädte oder Wendelgemeinden nennen. Die Bewegungen, die Soft- und Hardware Open Source ins Internet stellen, schaffen Offene Quellen – man hört es doch gleich erfrischend plätschern und sprudeln. Die Share & Collaborative Economy hingegen ist nicht so einfach zu übersetzen, weil das deutsche Wort „teilen“ auch „zerteilen“ und „trennen“ beinhaltet und „Kollaboration“ den historischen Beigeschmack der Zusammenarbeit mit den Nazis beinhaltet. Ökonomie des Teilens und Zusammenarbeitens? Hm, ziemlich sperrig.Ich plädiere hier für einen abkürzenden Begriff, etwa Ko-Ökonomie, in Anlehnung an die Ko-Evolution in neueren Evolutionstheorien oder die Ko-Kreation in Partizipationsmodellen.

Was haben wir noch? Coworking Spaces könnten Zusammenarbeitsplätze genannt werden. Die Ko-Ökonomie von Peer to Peer (abgekürzt: P2P) ist eine unter Gleichen (abgekürzt: =) oder auch eine Zell=kultur. Und die Commons-basierte Peer-to-Peer-Produktion, die der Commons-Vordenker Michel Bauwens statt des Kapitalismus am Ende des Weges leuchten sieht? Warum kann sie nicht Commonie heißen, wie es Johannes Heimrath schon länger vorschlägt? Oder, wie ich es auch schon gelesen habe, Peercommony? Oder Co-Commonisierung?

Wie dem auch sei – was gefällt euch Lesenden denn am besten? Was erzeugt in euch Resonanz, gute Klänge und schöne Bilder? Um Antwort wird gebeten…

Kategorie: Blog

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